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Samstag, 24 März 2012 07:45

Naturfilm mit der DSLR

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D7000: Nikons erste FullHD-DSLR D7000: Nikons erste FullHD-DSLR

Digitale Spiegelreflexkameras bieten mittlerweile eine große Menge Filmfunktionen. Sehr gerne wird die Technologie für imageträchtige Onlinevideos oder auch Reportagen im TV eingesetzt. Wie gut sind aber Spiegelreflexkameras im Naturfilm?

Die D7000 im Filmmodus

Die D7000 ist Nikons erste DSLR mit der Möglichkeit in 1080p zu filmen. Genau deswegen habe ich mir diese Kamera angeschafft - und nur deswegen. Vom Handling kann dieses Modell einfach nicht mit den größeren Bodies mithalten. Meine Ausführungen beschränken sich nun auf diese Kamera, auch wenn die meisten Dinge auch auf andere Kameras übertragbar sind.
Die Kamera liefert leider nur 23,967 Bilder pro Sekunde, was zwar den 24p des Kinos nahe kommt, in Deutschland aber vorallem im TV-Bereich kein Standard ist. Bei der D7000 ist der Button, um den Live View und die Videoaufnahme zu starten, zentral hinten angebracht, so dass ein schnelles an- und ausschalten kein Problem darstellt. Das erleichtert die Bedienung erheblich.

Tonaufnahme mit der DSLR

tascam-tonaufnahmeGerät von Tascam zur TonaufnahmeDSLRs haben vorallem beim Ton so ihre Schwierigkeiten. Professionelle XLR-Buchsen fehlen und die Kameras bieten nur 3,5mm-Klinkenbuchsen. Zudem lässt sich der Ton sehr schlecht pegeln. Für den Naturfilm ist dieses Problem eher zweitrangig. Hier arbeitet man sowieso immer mit Nachvertonung und muss nur ganz selten eine Synchronisation von aufgenommenem Bild und Ton gewährleisten, wie es bei Interviews oder O-Tönen der Fall wäre. Um ein bisschen Athmo mitzunehmen kann man gut einen externen Audio-Recorder einsetzen. Der hat eingebaute Mikrofone aber vorallem ordentliche Mikrofoneingänge.

Problem: die Blendensteuerung

Die D7000 lässt die Blende im LiveView-Modus nicht mehr verstellen - das geht nur, wenn der Spiegel heruntergeklappt ist und stellt ein großes Problem bei der Filmaufnahme dar. Man kann natürlich mit den Verschlusszeiten oder der ISO-Einstellung die Belichtung regeln, was aber in den meisten Fällen nicht so ideal ist. Absolut gemein ist auch, dass man nicht einmal Objekitve mit Blendenring manuell steuern kann, wenn diese einen Chip eingebaut haben und mit der Kamera kommunizieren können. Wird die Blende verdreht, zeigt die Kamera einen Error und nimmt nicht auf.

Qualität, Qualität, Qualität...

Die D7000 zeichnet anders als ihre Vorgänger im MOV-Container mit einer h.264-Codierung auf. H.264 ist so in etwa das kleine JPEG der Fotografie. Wenig Datenmenge, gute Qualität aber dafür extrem schlechte Möglichkeit zur Nachbearbeitung. Der H.264-Codec wendet nicht nur Intraframecodierungen wie JPEG an (also z.B. Blocking - das zusammenfassen gleichfarbiger Pixel), sondern auch Interframeverfahren. So wird nicht jedes Bild einzeln im Stream gespeichert, sondern drei verschiedene Bildtypen: I-, B- und P-Bilder. Erstere sind wie ein JPEG eigenständige Bilder, in sich selbst codiert, P-Bilder sind in etwa eine Prädiktionsdifferenz mit Referenz zum vorhergegangenen I-Bild und B-Bilder beziehen sich auf das vorherige I- und das nachfolgende P-Bild.

Group of picturesDarstellung einer Group-of-pictures in einem MPEG2-Stream

Diese Referenzen zwischen den Bildern machen den Schnitt von H.264 nicht gerade leicht - man kann sich gut vorstellen, dass man so eine "Group-of-pictures", die zusammengehört, nur schlecht in der Mitte auseinanderschneiden kann. Schnittsoftware kann das zwar und errechnet ein neues erstes Bild - ideal ist das jedoch nicht.

Bei der Nachbearbeitung muss man sehr vorsichtig sein mit Helligkeits- und Sättigungsanpassungen, man würde sehr schnell ein Rauschen und vorallem Artefakte bemerken. Im Idealfall nimmt man zur Aufnahme einen Picturestyle der möglichst mit flacher Tonwertkurve, geringem Kontrast und Schärfe arbeitet. Diese Dinge kann man in der Post noch wirklich gut anpassen.

Die liebe Schärfe

D7000 mit angesetzter SucherlupeD7000 mit angesetzter SucherlupeMan hat ja so ein Problem, wenn man scharfe Bilder mit der DSLR erzielen will, man sieht es nämlich einfach nicht richtig. Autofokus muss bei Filmaufnahmen sowieso abgestellt werden, der ist zu langsam und statt sich für einen Fokuspunkt zu entscheiden, versucht das System durch immer wieder "Überfahren" den richtigen Punkt zu finden. Das Display der D7000 hat leider nur eine geringe Auflösung und ist noch dazu farbig. Denkbar schlechte Vorraussetzungen, um die Schärfe einschätzen zu können. Als Hilfsmittel gibt es seit einiger Zeit Displaylupen zum aufstecken oder aufclipsen, die einem die Arbeit erleichtern. Blöd nur, wenn man bodennah arbeiten will: Winkelsucher-Displaylupen gibt es bisher noch nicht.

Alternativ kann man in einen externen Sucher, z.B. von Zigview investieren, der dann alle Eigenschaften eines Broadcastsuchers besitzt. Allerdings kostet so ein Teil so viel wie das gesamte Kameragehäuse. Inklusive Akku. Außerdem geben die meisten DSLRs sowieso kein FullHD über den HDMI-Ausgans aus. Deshalb begnüge ich mich mit der ersten Variante. Weiterhin könnte man auch einen Monitor anschließen, da gilt aber das gleiche wie bei den Suchern: Es kommt sowieso kein FullHD aus der Kamera.

Brennweitenprobleme

Im Gegensatz zu Standard-EB-Kameras mit 2/3"-Chip haben DSLRs ja einen Sensor im DX-Format mit wesentlich größerer Fläche. Das ist für die normalen Anwendungen ideal: durch die große Bilddiagonale entsteht eine extreme Tiefenunschärfe, die zum so geliebten Filmlook führt. Außerdem sind große Chips wegen ihrer geringen Pixeldichte immer rauschunempfindlicher als kleinere Chips. Kleinere Chips nehmen dafür einen kleineren Bildausschnitt bei kürzerer Brennweite. So sind Videooptiken mit bis zu 2000mm Brennweite bei f2,8 (auf Kleinbild umgerechnet) erhältlich und machen ein Arbeiten aus größerer Entfernung möglich. Dazu ist es wesentlich leichter, die Schärfe zu setzen. Beim Arbeiten mit DSLRs kann man aber mit Konvertern tricksen, deren Bildverschlechterung auf dem Foto sofort sichtbar wäre, die aber kaum Auswirkung auf das verkleinerte Videobild hat. Ich setze zum Filmen normalerweise das Sigma 170-500mm ein, noch besser wäre ein 50-500. Ein Zoom ist unbedingt notwendig, um die Brennweite schnell anpassen zu können. Natürlich ist es für die Spezialeinstellungen sinnvoll ein Spezialobjektiv zu nutzen - wie eine Makrolinse.

Alle Objektive versieht man idealerweise mit einem Followfocus-System. In Zeiten internationaler Versandmöglichkeiten kann man sich so ein kostengünstiges und doch recht qualitatives System aus Indien schicken lassen. Es ist natürlich kein Muss, erleichtert aber die Schärfesetzung gerade bei AF-Optiken erheblich.

Fazit

Alles in allem ist zu sagen: DSLR im Naturfilm ist eher eine Notlösung. Die Qualität einer ordentlichen EB-Kamera kann sie nicht liefern und ist auch vom Handling mit all ihren Einschränkungen nicht immer geeignet. Außerdem reicht schlicht die Brennweite oft nicht aus. Für einen Film muss man eben noch näher ran als für en Foto. Trotzdem ist es eine günstige Möglichkeit, mit wenig finanziellen Mitteln zu ansehnlichen Ergebnissen zu kommen.

Gelesen 12072 mal Letzte Änderung am Sonntag, 01 April 2012 14:02

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